Reinigung des Tempels

Matthäus 21, 12-17

 

 Einführung

griech. naos: eigentlicher Tempel, bestehend aus dem Heiligen und Allerheiligen (zum Allerheiligen hatte nur der Hohepriester einmal im Jahr Zutritt)

griech. hieron: riesiger Bezirk um den eigentlichen Tempel, Tempelbezirk

× Äußerster Bezirk: Vorhof der Heiden, durfte jeder betreten

× Nächster Bezirk: Vorhof der Frauen, Eingang durch die schöne Tür, durfte jeder Israelit betreten

× Nächster Bezirk: Vorhof der Männer, Eingang durch Bronzetor, zum Öffnen und Schließen wurden jeweils 20 Männer benötigt, hier versammelte sich das Volk zum Gottesdienst.

× Innerster Hof: Priestervorhof, durfte nur von Priestern betreten werden (mit Brandopferaltar, Räucheraltar, siebenarmiger Leuchter, Schaubrottisch, ...)

Vor dem Passahfest wurde die Tempelsteuer fällig. Kurz vorher konnte man diese nur noch im Tempel entrichten. Davon waren hauptsächlich die Pilger aus allen Ländern betroffen. Die Steuermünze mußte aus einer bestimmten Legierung sein und eine bestimmte Qualität besitzen und in einer bestimmten Währung sein. Diese mußte bei den Geldwechslern erworben werden. Diese verlangten meist jedoch nicht nur den Gegenwert, sondern mehr. Diese Gewinne wurden z.T. zur Ausbesserung von Straßen, des Tempels oder für den Tempelschatz verwendet, teilweise wanderten sie aber auch in die Taschen der Geldwechsler. Dadurch wurden die Pilger ausgebeutet, um des Gewinnes willen.

Noch extremer war es mit dem Verkauf der Tauben. Meistens war der Besuch des Tempels mit Opfergaben verbunden, die man darbrachte. So mußten beispielsweise Tauben geopfert werden, wenn Frauen nach der Geburt eines Kindes zur Reinigung in den Tempel kamen oder auch Leprakranke, die sich bescheinigen lassen wollten, daß sie geheilt waren:

Und wenn ihre Hand das zu einem Schafe Hinreichende nicht

aufbringen kann, so soll sie zwei Turteltauben oder zwei junge

Tauben nehmen, eine zum Brandopfer und eine zum Sündopfer; und

der Priester soll Sühnung für sie tun, und sie wird rein sein. (3. Mose 12,8)

Zwar gab es außerhalb des Tempelbezirks genug Tauben zu kaufen, doch alle Opfertiere mußten makellos sein. Offiziell dafür eingesetzte Aufsichtsbeamten prüften die Tiere und wiesen praktisch alle außerhalb des Tempels gekauften Tiere als ungeeignet zurück und verwiesen die Tempelbesucher stattdessen an die Verkaufsstände und Buden im Vorhof der Heiden. Das wäre weiter nicht schlimm gewesen, wenn die Preise dort die gleichen wie außerhalb des Tempelbezirks gewesen wären, doch ein paar Tauben kosteten innerhalb des Tempelbezirks ein Vielfaches ihres eigentlichen Werts.

(Das war seit altersher ein Mißstand, denn man erinnerte sich dankbar eines gewissen Rabbi Simon ben Gamaliel, "der veranlaßt hatte, daß die Tauben statt für Gold- für Silbermünzen erhältlich waren." - Offensichtlich, weil er einem bestehenden Mißstand zu Leibe gerückt war. Die Verkaufsstände hießen Basar des Hannas und waren Privateigentum der Familie des Hohenpriesters gleichen Namens. Auch hier wurde offensichtlich ein Mißbrauch getrieben, denn es gab auch viele ehrliche sympathische Händler. Trotzdem schlichen sich Mißstände zu leicht ein, so daß der Tempel zum "Treffpunkt von Spitzbuben" wurde, wie einmal jemand gesagt hat, zur schlimmsten Art einer Monopolstellung bestimmter Interessenten. Das aber bedeutete eine ständige Gefahr der Ausbeutung armer, einfacher Pilger, und eben diese Ausbeutung erregte den Zorn Jesu.)

Nun darf man den Tempelkult allerdings nicht von vornherein verurteilen.

× Es befanden sich nicht nur Händler und Krämer dort, sondern auch viele, die an Gott dachten. (Dunkle Schattenseite des Tempelkults)

× "Der Mensch und die Kirche, die ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein." Außerdem beuteten nicht alle Händler die Menschen aus.

× Auch im christlichen Bereich sieht es heute oft nicht anders aus (z.B. bei der Grabeskirche in Jerusalem gibt es viele Reliquienverkäufer mit Rosenkränzen, Kerzen, Kruzifixen, Jordanwasser, usw.)

Knackpunkte:

Die Gründe, warum Jesus in Zorn ausbricht sind folgende:

× Menschen, die ihre Mitmenschen ausbeuten im Namen ihrer Religion (Bsp. Sektengründung)

× Menschen, die ihre Mitmenschen aus Profitgier ausbeuten. Hier hätte die Kirche die Aufgabe, sich schützend vor die Menschen zu stellen, die sich selbst nicht schützen können.

× Jene, die es schlichten Menschen unmöglich machen, zur Anbetung Gottes in den Tempel zu gehen (äußere Leistung oder Voraussetzung zu hoch).

Die werde ich zu meinem heiligen Berge bringen und sie

erfreuen in meinem Bethause; ihre Brandopfer und ihre

Schlachtopfer sollen wohlgefällig sein auf meinem Altar. Denn

mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker. (Jesaja 56,7)

× Vorhof der Heiden war für viele der einzige Zugang zum Tempel, und bestimmt nicht alle kamen nur aus Neugier. Doch bei dem Lärm war es schier unmöglich, zu beten und Gott zu begegnen. (Übertragung: In der Gemeinde kann ein Amtsträger oder andere Menschen so sehr auf ihre Rechte pochen, auf Würde und Ansehen bedacht sein, daß bei dieser Atmosphäre niemand mehr die rechte Andacht zum Gottesdienst aufbringen kann. Oder wenn jemand sehr darauf bedacht ist, seine eigenen Vorstellungen zu bestimmten Dingen in der Gemeinde durchzusetzen, statt das Schwergewicht auf die Verkündigung des Wortes Gottes zu legen.)

 

 "Was sich gehört"

1. Aus Sicht des Volkes

Sie projizieren ihr gewohntes säkulares Leben auf das religiöse Leben.

Vorstellungen des Volkes

Vorstellungen nach Gottes Wort

Vorschriften, Arbeitsanweisungen

Wenn alles befolgt wird, habe ich meine Sache erledigt und der Auftraggeber ist zufriedengestellt.

Treue und Zuverlässigkeit sind christliche Tugenden, aber die Liebe rangiert vor den Vorschriften.

Allein durch Einhalten von Vorschriften stellen wir Gott nicht zufrieden. Er will nicht die Leistung, sondern die Bedürftigkeit.

Steuer zur Finanzierung der Tempelkosten (Wartung, Erweiterung, Tempelschatz)

Problem: Mittellose werden ausgeschlossen.

Ein jeder, wie er sich in seinem Herzen vorsetzt: nicht mit Verdruß oder aus Zwang, denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

(2. Korinther 9,7)

Ehrlich gesagt: Wer freut sich darüber, daß er Steuern zahlen darf?

Es ist sicherlich ein möglicher Weg und auch der sicherere, aber die Statistik belegt, daß es etliche Kirchenaustritte gibt, deren Grund in der wegfallenden Kirchensteuer liegen.

Und: Es gibt auch Beispiele für Organisationen, die keine festen Gelder organisierten und ihr ganzes Vertrauen auf Gott setzten und dennoch immer rechtzeitig zu genügend Geld kamen. (Bsp. Keith Green, Hudson Taylor, Marienschwesternschaft)

Markt, Stände, Verkauf

Gegen den freien Markt ist sicher nichts zu sagen, die Frage ist nur, ob er in dem Maß an einem Ort der Anbetung, der Stille und der Begegnung mit Gott stattfinden muß.

Gewinn erwirtschaften

Gewinn auf Kosten der Religion

Viele Mitarbeiter in der Gemeinde verrichten ihre Arbeit ehrenamtlich, d.h. unterm Strich springt nichts zählbares für sie heraus, im Gegenteil, sie investieren in der Regel einiges.

Die Aussage "Ich mache nur etwas, wenn's mir was bringt" wäre der Tod für jede Gemeindearbeit und ist häufig auch der Grund für Probleme am Arbeitsplatz oder in Beziehungen.

Es geht nicht um die Frage "Was habe ich davon" sondern "Wie kann ich meine Mittel einsetzen, damit Gott geehrt wird und meine Mitmenschen dadurch bereichert (nicht unbedingt materiell gemeint) werden?"

 

2. Aus Sicht der religiösen Führer

Sie haben einen sehr hohen Anspruch und stellen viele Vorbedingungen.

Vorstellungen der rel. Führer

Vorstellungen nach Gottes Wort

Sie erwarten strenges Einhalten sämtlicher Vorschriften (worunter sicherlich auch die Tempelsteuer und der Zustand der Opfertiere gehört)

Die Vorschriften stellen für viele eine Überforderung dar. Außerdem müssen Vorschriften immer wieder auf ihre Gültigkeit und ihren Inhalt geprüft werden.

Zum Tempelbesuch gehört eine bestimmte Würde (Kinder waren z.B. unwürdig, ebenso wurden Krüppel als asozial angesehen)

Auch die Trennung der Vorhöfe in Bereiche für Heiden, Frauen, Männer, Priester unterstützt sicherlich dieses Denken.

Jesus zieht gerade Kinder zum Vergleich und als Vorbilder heran. Kinder können empfangen, sind direkt.

Sie haben ein Gespür dafür, ob ihnen jemand wohlgesonnen ist.

Der Himmel ist Kindern oft näher als den klügsten Erwachsenen.

Jesus heilt Lahme (er zeigt nicht nur heilsamen Zorn, sondern hilft auch ganz praktisch).

Übertragung: Zuschauen bei Peinlichkeit, Lästern über Schwachheit.

Nur wer genügend Vorleistung und Privilegien (Gesundheit, Reife, Mann, Jude) mitbringt, darf Gott gebührend dienen. (Was möglicherweise bei einem irdischen König denkbar wäre.)

Jesus heißt alle willkommen, besonders diejenigen, die ihre Hilflosigkeit erkennen. Diener, die nicht aus eigener Kraft für Gott arbeiten, sondern seine Kraft und Hilfe in Anspruch nehmen sind ihm besonders angenehm.

 

3. Aus Sicht des Wortes Gottes

siehe rechte Spalten

Jesus reinigt (V. 12).

Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er, auf daß sie mehr Frucht bringe. (Joh. 15,2)

× zum Wachstum

× um das Eigentliche wiederherzustellen (Wo das Eigentliche zu kurz kommt, da muß Jesus aufräumen. Bsp. zu wenig Zeit zur Stille, zu starke Gefangennahme durch die Arbeit, zu viel Zeit fürs Hobby, zu wenig Zentrales im Jugendkreis oder der Gemeinde)

"Mein Haus soll ein Bethaus heißen" (V. 13)

Nicht Bethaus sein - sondern Bethaus heißen; d.h. jedermann bezeichnet diesen Ort als Bethaus.

Beten ist für Jesus das Wichtigste. Er verwendete viel Zeit fürs Beten.

Das Beten ist das größte Privileg der Christen. Nicht der Einsatz und die Aktionen sind entscheidend, wenn auch nötig und wichtig, aber hierin ist noch kein Unterschied zu engagierten Mitmenschen, das Entscheidende ist das Gebet, wodurch wir die Kraftquelle Gottes anzapfen dürfen und, und das ist das Beeindruckende, er hört auch auf uns. Dies ist so, wie wenn jemand einen sehr guten persönlichen Freund hat, der eine sehr einflußreiche Position innehat. Der kleine Freund kann viel bewirken, wenn er seinen einflußreichen Freund bittet!

Hinter allem, was wir tun, sind Gelingen und Mißerfolg sehr eng beieinander. Selbst bei Dingen, die wir im Schlaf ausführen zu können meinen und viel Routine besitzen, kann jederzeit doch etwas schiefgehen, so daß es jederzeit wichtig ist, nicht nur zu handeln, sondern auch für die bevorstehende Sache zu beten.