Matthäus 7,12-23

Gliederung:

Vom Tun des göttlichen Willens ...

1. ... im Umgang mit dem Nächsten

2. ... auf dem Lebensweg

3. ... und seine Frucht

4. ... mit der richtigen Motivation

1. Vom Tun des göttlichen Willens im Umgang mit dem Nächsten

Einstieg: Vers auf manchen WCs: "Verlassen Sie dieses WC so, wie Sie es anzutreffen wünschen!"

=> Bibelstelle vorlesen

Uns ist vielleicht auch die negative Form dieses Verses vertraut: "Was du nicht willst, daß man dir tut, das füg auch keinem anderen zu!"

Lebensregeln wie diese waren zur Zeit Jesu vertraut. Auch viele Philosophen formulierten ähnliche Weisheiten.

Das besondere bei Jesus war jedoch die positive Formulierung. Und diese zielt nicht nur darauf hin, das Böse zu unterlassen, sondern insbesondere Gutes zu tun. Bei der allgemeinen Lebensregel kommt das "Gutestun" zu kurz.

Spurgeon formulierte einmal sehr kraß: "Es gibt viele Leute, die man zusammengebunden ins Meer werfen könnte, ohne daß sie vermißt würden, denn sie tun keinem Sterblichen Gutes."

Der Vers Jesu wird auch als die Goldene Regel für das Zusammenleben der Menschen bezeichnet. Die negative Formulierung der Goldenen Regel ist im Prinzip nichts neues. Sie beinhaltet das, was durch Gesetze ausformuliert ist und was jeder im sozialen Umgang als üblich ansieht. Bei der positiven Formulierung liegt der Schwerpunkt jedoch anders: Dort achten wir nicht mehr so auf das, was wir nicht dürfen, sondern halten Ausschau nach dem, was wir tun können.

Wenn man mich nach einem Kernsatz der Bibel fragte, würde ich wahrscheinlich diese Goldene Regel zitieren. Denn wenn man sie in ihrer Konsequenz durchdenkt, enthält sie alle Regeln des christlichen Lebensstils, demnach alles, was im Gesetz formuliert ist, die Forderungen der Propheten und die Regeln des Zusammenlebens, wie es auch Jesus formuliert hat: "Das ist das Gesetz und die Propheten". Lediglich das Evangelium von der Erlösung ist hierin nicht enthalten.

Daß die christlichen Wertvorstellungen tief im Menschen verankert sind, zeigt sich mir deutlich an Beobachtungen. Ich beobachte bei vielen Menschen, auch wenn sie nichts mit dem christlichen Glauben verbindet, daß sie verärgert sind, wenn sie von einem anderen Menschen in "nicht christlicher Weise" behandelt werden (z.B. auf den Schlips getreten, unfreundlich behandelt, nicht informiert). Sie bringen damit indirekt zum Ausdruck, daß sie die christlichen Wertvorstellungen für die richtige Umgansweise halten.

Was bedeutet nun die Goldenen Regel Jesu konkret? Welche Punkte sind es, die jedermann instinktiv als richtig betrachtet?

Wenn ich will, daß ...

... man mich nicht bestiehlt,

... man mir Wahrheit sagt,

... mich andere nicht übergehen,

... andere nicht hinter meinem Rücken über mich Schlechtes reden,

... man nicht über mich lästert,

... mich andere nicht verletzen,

... man mir hilft, wenn ich in Schwierigkeiten bin,

... andere Autofahrer nicht drängeln

... andere höflich sind,

... ein anderer sich nicht immer wichtig macht,

... jemand nicht ständig das letzte Wort haben muß,

... man mir Geliehenes wieder zurückgibt bzw. in gutem Zustand zurückgibt,

... andere pünktlich sind,

dann will ich mich so auch anderen Menschen gegenüber verhalten.

So lautet die Konsequenz, wie sie Jesus in der Goldenen Regel fordert. Mit dem ersten Teil haben sicher die wenigsten Menschen Probleme (daß andere sich mir gegenüber so verhalten sollen), die Konsequenz steckt im zweiten Teil und ist eine Anfrage an jeden von uns.

=> Nennen Sie weitere konkrete Punkte, die in der Goldenen Regel enthalten sind. Beim Beantworten dieser Frage ist es am einfachsten, wenn man sich die Frage stellt: "Worüber rege ich mich bei anderen Menschen auf?"

2. Vom Tun des göttlichen Willens auf dem Lebensweg

Der Goldenen Regel für das Zusammenleben der Menschen schiebt Jesus sofort das Evangelium nach (V. 13.14). Er redet von zwei Wegen und von einer Entscheidung, die ein Mensch treffen muß, nämlich welchen Weg er beschreiten will.

Der eine Weg ist beschwerlich, der andere bequem.

Der eine Weg ist lang, der andere kurz.

Der eine Weg ist diszipliniert, der andere undiszipliniert.

Der eine Weg wird nachdenklich begangen, der andere gedankenlos.

Auf dem einen Weg werde ich vor Entscheidungen gestellt, auf dem anderen kann ich nach Lust und Laune handeln.

Ein Inder, der sich für den Islam und gegen das Christentum entschieden hat, soll einmal gesagt haben: "Der Islam ist ein anständiger und breiter Weg. Da ist Platz genug für einen Mann und seine Sünden. Der Weg Christi ist schmal - man muß die Sünden zurücklassen."

3. Vom Tun des göttlichen Willens und seine Frucht

Das Bild des Wolfes war den Juden geläufig (z.B. Hes. 22, 27: "Die Oberen in seiner Mitte sind wie reißende Wölfe, Blut zu vergießen und Menschen umzubringen um ihrer Habgier willen." oder Zeph. 3,3.4 "Ihre Oberen sind brüllende Löwen und reißende Wölfe am Abend, die nichts bis zum Morgen übriglassen. Ihre Propheten sind leichtfertig und voll Trug.")

Auch Jesus gebraucht später dieses Bild wieder (z.B. Matth. 10,16a: "Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.")

Aber auch das Bild von der Frucht war den Juden bekannt: "Denn sie gieren alle, klein und groß, nach unrechtem Gewinn, und Propheten und Priester gehen alle mit Lüge um und heilen den Schaden meines Volks nur obendrein, indem sie sagen: 'Friede! Friede!' und ist doch nicht Friede."

Ich möchte nun mein Augenmerk allerdings nicht so sehr auf die Wölfe richten, die irgendwo in irgendwelchen Gemeinden ihr Unwesen treiben, sondern stattdessen mich fragen, wo wir in der Gefahr stehen, Wolfseigenschaften in Schafspelzen anzunehmen.

Wir Christen werden von anderen Menschen sehr stark beobachtet. Ihre Meinung von Christsein bildet sich anhand dessen, was sie an Christen in ihrem Umfeld beobachten.

Keith Green, ein bekannter Sänger und Pianist aus den USA, litt oft sehr darunter, daß Menschen, die durch Jesus gerettet worden sind, oft das Richtige sagten, aber ihr Leben nicht damit übereinstimmte und sie sich wieder betranken, Drogen zu sich nahmen und von einem Bett ins andere stiegen.

Keith Greens Lebensmotto war: "Wir müssen Gott mehr als nur mit unseren Lippen dienen, wir müssen ihm mit unserem Leben dienen."

Er hat dies dann in die Tat umgesetzt und Leute in sein Haus aufgenommen (bis zu 70 Menschen, die Hilfe benötigten und alles selbst finanziert), Bibelgesprächskreise angeboten und Gebetsnächte veranstaltet, Menschen auf Konzerten und Veranstaltungen "wachgerüttelt" und viele Menschen für die Mission gewonnen.

4. Vom Tun des göttlichen Willens mit der richtigen Motivation

Der Hauptfehler, dem die falschen Propheten verfallen, ist das Eigeninteresse. Der gute Hirte sorgt sich mehr um seine Herde als um sein eigenes Leben; der Wolf ist nur darauf bedacht, seine eigene Gier und Gefräßigkeit zu befriedigen. Falschen Proheten geht es nicht darum, den anderen etwas zu geben, sondern darum, selbst etwas zu erhalten.

Drei Gefahren, in der Christen stehen - und auch ich sehe mich immer wieder diesen Gefahren ausgesetzt -, besonders wenn sie Verantwortung tragen, die Aufgaben mit der falschen Motivation zu verrichten:

1. Um des Gewinns willen

Als es in einer Kirchengemeinde zu Auseinandersetzungen wegen der Gehaltsforderungen eines Geistlichen kam, stand schließlich einer der Kirchenältesten auf und sagte: "Gebt dem Mietling seinen Lohn und laßt ihn ziehen."

Keith Green stand auch vor der Frage, wieviel er für seine Konzertauftritte verlangen solle. Er kam zu dem Schluß, für seine Konzerte keinen Eintritt zu verlangen und ging zeitweise sogar soweit, seine Schallplatten nicht mehr zu verkaufen, sondern zu verschenken und lediglich Spenden entgegenzunehmen. Er sah sich als Verkündiger des Evangeliums und ihm war es wichtig, daß niemand aufgrund des mangelndes Geldes das Evangelium nicht hören könnte. Außerdem war es ihm wichtig, sich selbst und auch der Öffentlichkeit und den Kritikern zu verdeutlichen, was seine wirkliche Motivation war. Häufig wurde auch christlichen Musikern der Vorwurf gemacht, sie gäben ihre Konzerte ähnlich wie die säkularen Gruppen auch nur wegen des Geldes. Und außerdem wollte er sich selbst nicht der Gefahr aussetzen, diese Arbeit vielleicht doch um des Geldes willen durchzuführen.

2. Aus Prestigegründen

Wir können andere etwas lehren, um ihnen zu helfen, oder aber, um zu beweisen, wie klug wir sind. Jemand hat einmal gesagt: "Niemand kann gleichzeitig beweisen, daß er selbst klug und daß Jesus Christus wunderbar ist."

Diese Gefahr des Prestigedenkens bei Christen kann z.B. folgendermaßen aussehen:

Ehre in der Arbeit für den Herrn

× Ich freue mich über meine Gaben, rühme mich aber selbst und setze sie nach eigenem Ermessen ein.

× Ich möchte gerne mächtig von Gott gebraucht werden, um Ehre zu gewinnen und Position und Ansehen zu haben.

× Ich hoffe, daß meine Arbeit gelingt, damit man vorteilhaft über mich spricht.

× Ich bin dafür, daß man über Meinungen diskutiert, achte aber darauf, daß meine eigene nicht ausgerottet wird.

Beachtung

× Wenn man mich nicht zu Rate zieht oder nicht bei der Arbeit einsetzt, bin ich gekränkt und werde ärgerlich.

× Ich kann es nicht ertragen, mißverstanden oder kritisiert zu werden.

× Ich möchte gerne gesehen und gehört werden, aber nicht hören.

× Anerkannt und beachtet zu werden ist meine größte Freude.

3. Um anderen die eigenen Gedanken vorzutragen

"Falsche Propheten sind darauf aus, die Wahrheit, wie sie sie verstehen, auszustreuen. (...) Wahre Propheten hören zuerst auf Gott, bevor sie zu den Menschen sprechen. Sie denken stets daran, daß sie nur die Stimme sind, durch die Gott zu den Menschen spricht. (...) Lehrer und Prediger sind verpflichtet, den Menschen nicht ihre persönlichen Vorstellungen von der Wahrheit zu verkündigen, sondern die Wahrheit in Jesus Christus." (Barclay)

Diese Gefahr, den anderen nur die eigenen Gedanken vorzutragen, kann bei uns Christen auch folgende Erscheinung annehmen:

× Ich beantworte teilweise Fragen, die gar nicht gestellt wurden und komme immer wieder vom Thema ab.

× In einem Gespräch rede ich nur von dem, was mir selbst wichtig geworden ist.

× Ich frage nicht, ob der andere gerade diesen Rat braucht oder nicht.

× Ich tadle, wenn Zuspruch nötig wäre und tröste, wenn ich warnen sollte.

Die geistliche Haltung möchte sich selber "auslöschen", und die Gaben und Fähigkeiten zu Gottes Ehre einsetzen. Sie kann sich unterordnen und ist nicht gekränkt, wenn sie keine ausreichende Beachtung findet. Sie kann warten, weil sie auf Gottes Verheißungen vertraut und weiß, daß Gott den besten Zeitpunkt kennt und ihr alles, was ihr begegnet zum Besten dient. Liebe, Demut und Geduld sind drei wichtige Früchte für die richtige Motivation.