Demut - ein mißverstandenes Fremdwort

 

Einleitung

-> Was versteht Ihr unter dem Wort "Demut"?

 

Sprachlicher Hintergrund

im Althochdeutschen "Diomuot"

a) dio: dienen im Sinne eines Sklaven oder Gefangenen, seinem Herrn leistet, d.h. eine niedere (unwürdige) Arbeit

b) muot: Mut, Gemüt, Bestandteil von Langmut, Schwermut, Übermut - Gesinnung und Lebenshaltung des Menschen

Demut bezeichnete ursprünglich die Gesinnung dessen, der als Unfreier zu dienen hatte, ob er wollte oder nicht.

 

Mißverständnis von Demut - oder was Demut nicht ist

Obwohl der Begriff der Demut zu den zentralen Begriffen unseres christlichen Sprachschatzes gehört, verlor er größtenteils seinen biblischen Inhalt. Stattdessen wird Demut oft gleichgesetzt mit "Unterwürfigkeit", "Kriecherei", "Bescheidenheit", "Feigheit", "Minderwertigkeit".

Demut ist darüberhinaus auch

× kein Sich-Kleiner-Machen-als-man-ist

× keine falsche Bescheidenheit

× keine äußerliche Erniedrigung zur Befriedigung des Fleisches (versteckter Hochmut; ich will nur zeigen, wie demütig ich bin

Viele Menschen wollen - bewußt oder unbewußt - über das "Kriechen", also das scheinbare Untertänig-Sein, zu Geltung, Macht, Einfluß und Erfolg kommen. Das beschreibt dann den Typ des Fahrrad-Menschen: nach oben buckeln, nach unten treten. Doch als Christ brauche ich nicht die Herabsetzung des Mitmenschen zu meiner eigenen Erhöhung.

 

Jesus und Demut

"Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig" (Mt. 11,29)

Beispiele aus Jesu Leben (Fußwaschung, Kreuz, Tempel, Pharisäer, Eltern)

× Fußwaschung (Joh. 13): Durch Jesus ist das Wort Demut neu geprägt worden. Daß er den Dienst der Fußwaschung seinen Jüngern freiwillig erweist, darin liegt das Neue und Einzigartige des Geschehens.

× Kreuz (Phil. 2,5ff): Ich wäre an seiner Stelle (früher) herabgestiegen!)

Doch Jesus hat aus der Fußwaschung keine menschliche Grundhaltung gemacht, fortwährend jedem zuzudienen. Jesus konnte auch kraftvoll-provozierend auftreten.

× Tempelreinigung (Joh. 2, 13-17)

× Urteil über die Pharisäer (Mt. 23)

× Antwort an die Mutter (Mt. 12, 46-50)

Viele Stellen sprechen von Demut vor Gott

Demut = Mut haben, Gott zu gefallen

-> nochmals Jesu Beispiele von oben erwähnen

× Z.B. im Beruf etwas nicht zu tun, was Gott nicht gefällt, obwohl es gefordert ist

Demut gibt dem Menschen ein neues Persönlichkeitsprofil, kein Verfall oder Rückschritt, sondern ein Fortschritt (vgl. Zitat von Kaiser Wilhelm)

Erfahrung: Wirklich demütige Menschen werden normalerweise gern gesehen und man ist gern mit ihnen zusammen, vor Hochmütigen rümpft man die Nase

× Fußwaschung: Dienen. Obwohl Jesus es nicht nötig hätte, ist er bereit zu dienen. Weil er weiß, daß er es nicht nötig hat, kann er dienen. Jemand ohne das Persönlichkeitsprofil Jesu wird nicht zu dienen bereit sein.

× Kreuz: Warum stieg Jesus nicht vom Kreuz herab? Ich hätte das früher getan.

Er wußte, daß er herabsteigen könnte, das genügte ihm. Aber er wollte Gott gefallen, deshalb hatte er's nicht nötig.

Hinter dem ersten Gedanken steckt die Menschenfurcht. Ich will den Menschen gefallen. Ist nicht oft unsere Abneigung gegen die Demut in vorhandener Menschenfurcht verborgen? Wen fürchten wir mehr: Gott oder die Mitmenschen?

Die Menschen sind oft dem Zwang ausgesetzt, den Mitmenschen gefallen zu müssen - ich nehme mich da nicht aus - aber hindert uns das nicht gerade daran, demütig zu sein? Wenn wir Demut üben, werden wir von diesem Zwang befreit, weil unser einziges Interesse dem gilt, Gott zu gefallen.

Ich muß mir dann nicht mehr Gedanken machen, ob ich bei den Mitmenschen als Schwächling gelte.

Ich muß mir nicht mehr Gedanken machen, was die Mitmenschen denken oder sagen, wenn ich mich zu Gott stelle und für sie unverständlich reagiere.

Einen konsequenten Weg gehen -> Profil

=> Gibt es Kennzeichen zur Unterscheidung von "echter" und "unechter" Demut? (vgl. Zitat von Skrefsrud, Reader's Digest, s.u.)

=> Ist der Demütige auf der "Karriere-Leiter seines Berufes andern gegenüber immer benachteiligt? Muß er immer nachgeben und den Kürzeren ziehen?

 

Demut in der Bibel

a) Begriff

1. Demut vor Gott (z.B. Abrahams Bitte für Sodom und Gomorra, Daniel, Hiob, Maria, Zöllner im Tempel)

-> vgl. Micha 6,8, 1. Petrus 5,5b.6

2. Demut vor den Menschen ("In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst", Phil. 2,3): Die mit Demut umschriebene, von Gott gewirkte Kraft und Gesinnung kann keine Gemeinschaft der Menschen auf Dauer bestehen.

× den andern höher als sich selbst achten (auch im Bezug auf andere Gemeinden)

× wahre Größe; alle vorher angemaßte Größe war nur Schein. Wirkliche geistliche Vorbilder sind immer auch demütige Menschen. Damit Gott einen Menschen auch für größere Aufgaben zurüsten kann, ist die Demut eine wichtige Voraussetzung

× Demut vor den ungläubigen Mitmenschen: Erst wenn man auch nach außen aufrichtig ist und sich selbst nicht schont und nichts beschönigt, was bei einem in Unordnung ist, bekommt das Zeugnis vor der Welt Glaubwürdigkeit.

-> vgl. Weitere Anregungen, 2. Punkt

3. Gott demütigt (die Hochmütigen und die Gottlosen): Glaubende Menschen erkennen in den Demütigungen den Willen Gottes, sie zu ihrer eigentlichen Bestimmung zu führen.

× man lernt, daß man ohne Demütigung als Scheinheiliger lebte

× Christen sollten vielmehr bestrebt sein, daß über sie Wahres, als daß über sie Gutes gesagt wird.

-> Psalm 119, 67.71.75-Bibelstellen, Zitat von Spurgeon

4. Menschen demütigen (andere Menschen): z.B. Sara gegenüber Hagar, David demütigte die Philister

 

b) Wichtige Bibelstellen

× Micha 6,8

Demut vor Gott

× Matth. 11,29

Jesu Haltung

× Phil. 2,3

Demut vor Menschen

× Ps. 119,67.71.75

Gott demütigt

× 1. Petr. 5,5b.6

Gott gibt den Demütigen Gnade

 

c) Zitate

siehe Anhang

 

Weitere Anregungen

× "Nichts zu sein und nichts zu werden, ist des Christen Ziel auf Erden" (Liedausschnitt von Michael Hahn). Ist die Umschreibung von Demut treffend?

× In mancher Beziehung hat es der Demütige im Umgang mit anderen leichter als der Stolze, Selbstbewußte. Weshalb?

u Kann gelassener sein

u braucht sich selbst nicht so wichtig nehmen

u kann unangenehme Äußerungen zunächst sachlich zur Kenntnis nehmen

u hat Humor im Blick auf eigene Schwächen

 

Zitate

Durch Demütigungen habe ich mehr gelernt als durch alle meine Siege.

(Kaiser Wilhelm I., 1797-1888)

Die wahren Demütigen haben keine Ahnung, daß sie demütig sind; daher kommt es, daß ihnen die Ehre allezeit unerwartet widerfährt und ihre Erhöhung unvermutet kommt. Sie haben sich einfältig an ihrem geringen Wesen begnügt und nie nach Höhe gestrebt. Die falschen Demütigen aber wundern sich, daß ihre Ehre und Erhöhung so lange ausbleibt.

(Lars Ole Skrefsrud, 1840-1910)

Demut ist wie Unterwäsche - sie ist unentbehrlich, aber man zeigt sie nicht.

(aus Reader's Digest)

Es ist weise, wenn ein Mensch sich demütigt; denn dadurch wird er der Notwendigkeit enthoben gedemütigt zu werden.

(Charles Haddon Spurgeon, 1834-1914)

 

 

 

 

Bibelstellen

Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.

(Matthäus 11,29)

Es ist dir gesagt, was gut ist, und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.

(Micha 6,8)

Allesamt aber haltet miteinander fest an der Demut. Denn Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütiget euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, daß er euch erhöhe zu seiner Zeit.

(1. Petrus 5,5b.6)

In Demut achte einer den andern höher als sich selbst.

(Philipper 2,3)

Ehe ich gedemütigt wurde, irrte ich; nun aber halte ich dein Wort.

Es ist gut für mich, daß du mich gedemütigt hast, damit ich deine Gebote lerne.

Herr ich weiß, daß deine Urteile gerecht sind; in deiner Treue hast du mich gedemütigt.

(Psalm 119,67.71.75)