Bibelarbeit: Kreuzigung Jesu; Johannes 19, 17-37

Kreuzigung Jesu

- Johannes 19,17-37 -

Hinweise

V. 14: Sechste Stunde: Johannes verwendet hier die römische Zeitrechnung, die um Mitternacht beginnt. Also meint er hier 6 Uhr unserer Zeitrechnung.

Die anderen Evangelisten verwenden die hebräische Zeitrechnung, die um 6 Uhr morgens unserer Zeitrechnung beginnt.

V. 17: Sie: römische Legionäre
Kreuz: Jesus trägt den Querbalken, der Stamm stand bereits.
Golgatha = Schädelstätte

Kreuzigung

Römer haben diese Todesart von den Persern übernommen.

Römische Bürger durften nicht gekreuzigt werden (zu grausam).

Im röm. Strafvollzug wurde der Verurteilte erst gegeißelt und musste dann das Kreuz selbst zur Hinrichtungsstätte tragen und durch möglichst viele Straßen gehen.

Über dem Kreuz wurde eine Tafel mit der Urteilsbegründung angebracht.

"Das Sterben konnte, bes. wenn der Gekreuzigte nur angebunden war, oder der Pfahl einen hervorstehenden Pflock besaß, auf dem die Last des Körpers ruhte, einige Tage dauern. Bei der Annagelung wurden die Nägel zwischen den Knochen der Handgelenke hindurchgetrieben und verursachten unerträgliche Schmerzen der verletzten Nerven. Den Aufgehängten quälten furchtbarer Durst und rasende Kopfschmerzen, heftiges Fieber und Angstzustände. Die Hängelage verursachte Atemnot, und der Verurteilte konnte dem Erstickungstod nur entgehen, indem er sich, gestützt auf den Nagel durch die Füße, vorübergehend aufrichtete. In abwechselndem Senken und Heben des Körpers, in Atemnot und Atemschöpfen, vollzog sich der Todeskampf, in dessen Verlauf es zu Flüssigkeitsansammlungen in Brust- und Bauchhöhle kam (Joh. 19,34). Manchmal führte man den Tod durch Zerschlagen der Schenkelknochen herbei, um die Qual abzukürzen. [...] Das Brechen der Schenkelknochen bei dem Gekreuzigten führte unmittelbar zum Tode, vermutlich durch Fettembolie." [Rienecker: Lexikon zur Bibel] Kleine Mengen Fett genügen, um die feinen Gefäße der Lunge und des Gehirns zu verstopfen.

Kreuzesinschrift

V. 19-22: Pilatus schreibt hier: "Jesus von Nazareth, König der Juden"

Damit reizt er die Juden, weil sie ja gesagt haben, sie hätten keinen König außer den Kaiser.
Ich denke, Pilatus möchte hier sein schlechtes Gewissen beruhigen: Er hatte ja Jesus als König der Juden gesehen, sich aber von den Juden einschüchtern lassen. An dieser Stelle möchte er jetzt wenigstens nochmals Farbe bekennen (wie auch zuvor die Hände in Unschuld gewaschen).
Er rächt sich vielleicht auch an den Juden, weil sie ihn zuvor gezwungen hatten, gegen seine Überzeugung ein politisches Urteil zu fällen.
Pilatus wird ohne es zu wissen zum Prophet: Jesus ist der König der Juden!
Die Inschriften in den drei Weltsprachen der damaligen Welt lässt erkennen, dass dieser Tod die ganze Welt angeht.

Kleidung Jesu

Nirgendwo wird die Gleichgültigkeit der Welt gegenüber Jesus Christus deutlicher als hier: Während Jesus den Todeskampf am Kreuz kämpft, würfeln die Soldaten am Kreuz um seine Kleider, als ginge sie der Todeskampf Jesu nichts an.

"Das Unglück der Welt besteht nicht nur darin, dass sie Christus feindlich gesinnt ist, sondern darin, dass sie ihm mit Gleichgültigkeit begegnet, dass sie sich angesichts seiner Liebe so gleichgültig verhält, als ginge es sie nichts an." [Barclay: Johannesevangelium 2]

Der Rock Jeus war nahtlos und in einem Stück gewebt. Solch ein Gewand trugen damals auch die Hohenpriester. Aufgabe der Hohenpriester war es, die Verbindung zwischen Mensch und Gott herzustellen (Priester: lat. pontifex = Brückenbauer). Jesus war der vollkommenste Hohepriester, durch den die Menschen je zu Gott gelangten.

Erfüllung von Ps. 22,19: Keine Einzelheit dieses Geschehens ist zufällig, sondern alles läuft nach Gottes Plan ab.

Es gehörte zur Schmach des Verurteilten, völlig entblößt am Pfahl zu hängen. Jesus hat auch dies durchlitten.

Kreuzesworte Jesu

1. "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." (Lk. 23,34)

2. "Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." (Lk. 23,43)

3. "Weib, siehe das ist dein Sohn! - Siehe, das ist deine Mutter!" (Joh. 19,26.27)

4. "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt. 27,46; Mk. 15,34; vgl. Ps. 22,2)

5. "Mich dürstet." (Joh. 19,28; vgl. Ps. 69,22)

6. "Es ist vollbracht." (Joh. 19,30)

7. "Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände." (Lk. 23,46; vgl. Ps. 31,6)

"Weib, siehe das ist dein Sohn! - Siehe, das ist deine Mutter!"

Vier Frauen werden namentlich erwähnt, obwohl sie damals sehr gering geachtet waren

Gerade die Verachteten bleiben ihm treu, weil sie am ehesten seine Liebe begreifen.

Die Frauen begaben sich in nicht unerhebliche Gefahr. Doch ihre große Liebe war größer als die Angst.

Jesus redet seine Mutter mit Frau bzw. Weib an.

Noch während seines Todeskampfes ist Jesus um das Wohl seiner Mutter und seines Lieblingsjüngers besorgt und vertraut sie gegenseitiger Fürsorge an für die Zeit, wenn er nicht mehr da ist. Er denkt auch an den Schmerz, den beide durchstehen werden. (Denkt nicht nur an sein eigenes Schicksal sondern bemüht sich auch um das Wohl der Hinterbliebenen. Zeigt den Charakter Jesu.)

"Mich dürstet."

Als das Johannesevangelium geschrieben wurde herrschte im religiösen und philosophischen Denken die Tendenz der Gnosis. Die Gnostiker lehrten, dass der Geist an sich gut und die Materie an sich böse sei, und dass daher Gott als reiner Geist unmöglich Körpergestalt annehmen könne. Jesus sei daher nur als Phantom aufgetreten (und habe z.B. keine Fußspuren hinterlassen) und habe daher auch nicht wirklich gelitten.

Mit seinen Aussagen in V. 28 und in V. 34 möchte Johannes verdeutlichen, dass Jesus wirklich Mensch war und die Todesqualen durchlitten hat. Er wollte die Menschennatur Jesu verdeutlichen.

V. 28 ist Erfüllung von Ps. 69,22: "Sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken für meinen Durst."

Sie steckten den Schwamm mit Essig auf eine Ysop. Sehr ungewöhnlich, denn dabei handelt es sich um einen Stengel von max. 60 cm Länge. Damit Israel vom Tod der Erstgeburt verschont blieb, mussten sie mit einem Büschel Ysop den Türrahmen mit Blut bestreichen (2. Mose12,22). Hier fällt die Parallele auf: Durch das Blut des Passahlammes war das Volk Israel gerettet worden, und durch das Blut Jesu (das wieder am Passahfest geschah) sollte die Welt von ihren Sünden erlöst werden. Bei der bloßen Erwähnung des Wortes "Ysop" wurde der Jude automatisch an das Blut des Passahlamms denken, durch das sie gerettet worden waren. Johannes möchte damit zum Ausdruck bringen, dass Jesus das Lamm ist, durch dessen Tod die ganze Welt von ihren Sünden erlöst wird.

"Es ist vollbracht."

Diese Worte finden sich nur im Johannesevangelium. Jeder Evangelist akzentuiert den Bericht von der Kreuzigung etwas anders. Johannes betont die Hoheit Jesu gerade auch im Leiden. "Es ist vollbracht" klingt nicht resignierend, sondern wie ein Siegesruf. Er ist sich bewusst, dass er damit den Sieg errungen hat. Er hat das Ziel erreicht. Das muss krass für die Verurteiler wirken!

Jesu Tod

Juden zeigten in gewisser Hinsicht etwas mehr Mitleid als die Römer:

Die Römer ließen ihr Opfer stets am Kreuz sterben, auch wenn sich der Todeskampf über mehrere Tage hinwegzog. Danach wurden sie den Geiern und Hunden zum Fraß überlassen.

Die Juden hatten dagegen das Gesetz: "Wenn jemand eine Sünde getan hat, die des Todes würdig ist, und wird getötet und man hängt ihn an ein Holz, so soll sein Leichnam nicht über Nacht an dem Holz bleiben, sondern du sollst ihn am selben Tage begraben." (5. Mose 21,22.23)

Außerdem war der nächste Tag ein Sabbat und zudem noch ein ganz besonderer Sabbat, nämlich Ostern.
Um den schnellen Tod herbeizuführen, wurden den Verurteilten die Knochen gebrochen (eine grausame Methode).
Jesus wurde davor verschont, was auch wieder eine Parallele zum Osterlamm mit sich bringt: Bei den Juden durften die Knochen des Osterlamms nicht zerbrochen werden (4. Mose 9,12). Es war sehr ungewöhnlich, dass Gekreuzigte so schnell starben.
Hineinstechen in Jesu Seite stellt wiederum eine atl. Erfüllung dar (Sach. 12,10).
Aus Jesu Wunde floss Wasser und Blut: zwei Symbole, die im Christentum eine wichtige Bedeutung haben: Wasser für die Taufe (reinigende Gnade Jesu) und Blut für das Abendmahl, was an Jesu Tod erinnert.