Jesaja 61,1-11
0. Historischer Hintergrund
Prophetie auf Jesus (vgl. Lukas 4,18.19)
VV. 1+2a bereits erfüllt
VV. 2b-9 warten auf Erfüllung im 1000-jährigen Reich
VV. 10.11 spricht von der zukünftigen Gerechtigkeit im 1000-jährigen Reich
1. An wen richtet sich Jesus
An wen (welche Personengruppen) richtet sich Jesus?
- Elende
- Menschen mit zerbrochenen Herzen
- Gefangene
- Gebundene
- Trauernde
Jesus richtet sich nicht an Sportidole, Firmenmanager, Politiker, Nobelpreisträger, Olympiasieger, ..., nicht an Menschen die in Erscheinung getreten sind, sondern an o.g.
Was wird hieraus deutlich?
× Jesus ist nicht für die Starken, sondern für die Schwachen gekommen.
× Jesus ist für die Menschen gekommen, die in Not und Schwierigkeiten sind.
× für Menschen mit Problemen.
× für Menschen, die von der Gesellschaft and den Rand gedrängt werden oder unbeachtet bleiben.
× schlicht: für Menschen, um die sich im Normalfall keiner kümmert.
u Warum kümmert sich keiner um sie? Bzw. nach welchen Kriterien suche ich mir einen Freund aus?
Weil sie für einen selbst nicht attraktiv sind, keinen Gewinn abwerfen (Freude, Erbauung, Hilfestellung, ...), Einsatz und Engagement erfordern, und weil die meisten nicht wissen, wie man mit diesen Menschen umgeht.
Sehen wir uns diese Personenruppen einmal näher an:
× Elende
u neurotisch Gestörte (Realitätsverzerrung)
u psychotisch Gestörte (Realitätsverlust)
u Depressive
u Behinderte, die mit ihrer Behinderung nicht umgehen können
u Kranke mit Dauerleiden
u Obdachlose
× zerbrochene Herzen
u gestörte Beziehungen, insbesondere kaputte Ehen
u (verbale) Verletzungen
× Gefangene
u Menschen im Gefängnis
u Menschen mit Schuld (Gefangene in Sünde)
u Menschen mit unbewältigter Vergangenheit
u Zwangsgedanken
× Gebundene
u okkult Belastete
u Drogenabhängige
u Alkoholsüchtige
u sexuelle Bindungen (z.B. Prostitution)
× Trauernde
u Todesfall
u Leid (Unfall, Krankheit, Krieg)
u Verlust (Arbeit, Wohnung, Freund)
Für solche Menschen kam Jesus; kein Verachten der anderen, aber nicht sein Auftrag.
Menschen können in solche Situationen geraten - wechselndes Publikum
Kam für Menschen in Schwachheit.
2. Was unternimmt Jesus? Wozu ruft Jesus uns auf?
Jesus hat es uns vorgelebt. Aber er möchte daß wir als Menschen seinem Vorbild nacheifern.
- bringt gute Botschaft
- gebrochene Herzen verbinden
- Freiheit schenken
- frei und ledig machen
- trösten
-> vgl. Mt. 11, 28.29
Was wird hieraus deutlich?
× Jesus ist gekommen, um den Schwachen, den Menschen in Not und Schwierigkeiten, mit ihren Problemen zu helfen.
× Jesus betrachetet immer den ganzen Menschen, nicht nur seine geistlichen Belange.
Menschen zu Jesus zu führen ist eine wichtige / die wichtigste Aufgabe, aber nicht die einzige. Jesus sagt das selbst und hat es uns vorgelebt.
90 % der Anliegen in der Seelsoge beziehen sich auf unbewältigte Lebensprobleme, nur 10 % kommen wegen Problemen im Glauben.
× Aber: Jesus betrachtet sowohl die geistlichen als auch die übrigen Belange des Menschen, also hilft ihnen nach Geist, Seele und Leib.
Es ist wichtig, einem Menschen in allen Bereichen zu helfen:
Bild mit 3 Aspekten
× im biologischen Bereich
u Hat er gesundheitliche Beschwerden? (Einschränkungen, ...)
u Ist er an Medikamente gebunden? (Beeinträchtigt Stimmung z.B. ...)
u Ist oder war er süchtig?
× im sozialen Bereich
u In welchem Umfeld lebt er?
u Hat er Arbeit, wenn ja welche?
u Wie war seine Vergangenheit?
u In welchen Verhältnissen lebt er?
× im geistlichen Bereich
u Hat er eine Beziehung zu Jesus?
u Wie lebt er seine Beziehung zu Jesus?
u Welches Gottesbild hat er?
u Besitzt er Gemeindeanschluß?
u Welche Auswirkung hat sein Glaube auf sein Leben?
Wenn man einen Aspekt außer acht läßt, ist es sehr wahrscheinlich, daß man dem Menschen nicht richtig begegnen kann und daß ich ihm die falschen Hilfestellungen zuteil werden lasse.
Beispiel: Ich beschränke mich nur auf den geistlichen Bereich. Wenn ich alles andere außer acht lasse, behandle ich alle Menschen nach dem gleichen Muster. Ein Mensch der z.B. gerade seine Arbeit verloren hat, hat andere Nöte als jemand, der im Arbeitsstreß erstickt. Die Hilfestellung muß unterschiedlich ausfallen. Ein Mensch, der drogenabhängig ist, wird wesentlich labiler sein als jemand anderes.
Anderes Beispiel: Wenn ich nur den biologischen und sozialen Bereich betrachte, könnte es aber z.B. sein, daß das wahre Problem des Menschen im geistlichen Bereich liegt, z.B. in unvergebener Schuld oder in einer gestörten Gottesbeziehung. Schuld kann man nicht wegtherapieren, sie muß vergeben werden.
Jesus hat den Menschen sehr individuell geholfen (Bsp. Heilungswunder).
Es genügt nicht nur, daß bei einem Menschen seine Beziehung zu Gott o.k. ist, er muß auch sein Leben bewältigen können, d.h. in Ordnung bringen.
Wie gehe ich sinnvoll vor?
Bei der Begegnung mit problembeladenen Menschen ist es wichtig, sie zu verstehen und nicht vorschnell zu urteilen. Man sollte unbedingt sogenannte Gesprächskiller vermeiden.
Beispiele für Gesprächskiller:
× Bagatellisieren: Ach, das ist doch alles nicht so schlimm! Halb so wild! - Für den Menschen, der in dem Problem steckt, ist sein Problem schlimm.
× Diagnostizieren: Sofort meinen, das Problem erkannt zu haben.
× Dirigieren: Dem Hilfesuchenden vorschreiben, was er zu tun hat, Ratschläge erteilen.
× Sich identifizieren: Immer Vergleiche aus dem eigenen Leben anführen - in den meisten Fällen sind die Hilfen im eigenen Beispiel beim anderen nicht passend
× Interpretieren: Deutungen vornehmen: Ach das ist, weil er in seiner Erziehung dies oder das erlebt hat.
× Moralisieren: Du weißt doch, daß man das nicht tut! Erhobener Zeigefinger! Am besten mit passender Bibelstelle.
Diese Hinweise gelten nicht nur für den Umgang mit problembeladenen Menschen, sie sind auch bei anderen hilfreich. Nur können sie vielleicht eher mit dem o.g. umgehen.
Wichtig ist zu erkennen, was dem anderen hilft. Es gibt viele "Richtigkeiten", handelt es sich aber dabei um die Wahrheit, die frei macht? (Beispiele oben)
3. Ansätze für Hilfestellungen
1 Beispiel pro Bereich
× Elende, am Beispiel eines Depressiven
u kann organische Ursachen haben, aber meist seelische, z.B. Streß, Überforderung, Selbstauf- bzw. hingabe
u gibt verschiedene Phasen, schwierigste ist das Loch
u Depressiver fühlt sich eingepreßt, wird oft von außen immer noch stärker zugepreßt
u Leib, Seele, Geist und Glaube sind betroffen, deshalb ist es auch als Krankheit anerkannt
u Körperlich müde, abgespannt, gebeugt, Herzflattern, Schweißausbrüche, Sexualprobleme
u schlechte Gedanken im Kopf, Selbstwertprobleme, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Dunkelheit, schaut in ein Loch, Glaubensdimension leidet darunter
Hilfestellungen:
u Je kranker ein Mensch ist, desto körpernaher muß die Hilfe sein.
u Sich für den Menschen zur Verfügung stellen, für ihn glauben, für ihn beten, für ihn hoffen
u nichts, aber auch gar nichts von ihm verlangen, aushalten, Geduld zeigen, akzeptieren, daß ein Loch da ist (vgl. Freunde Hiobs)
u Tagesprogramm machen, ganz einfache Dinge (Struktur einbringen)
u nie zwanghaft werden
u zunächst geht's nach oben, dann gibt's wieder Rückschläge
u mithelfen, bis der Depressive wieder sich selbst helfen bzw. Verantwortung übernehmen kann
u zuletzt werden die Ursachen erforscht (es kommt auf die Einstellung an, z.B. zum Single-Dasein, zur Kinderlosigkeit, zum schwierigen Ehepartner)
× zerbrochene Herzen, am Beispiel eines Eheproblems
u sie wird nicht geliebt, sondern verwaltet
u sie verlegt seiner Meinung nach die Zeitungen mit Absicht, um ihn zu ärgern
u Kreislauf: Sie nörgelt - er zieht sich zurück - sie nörgelt noch mehr - er rastet aus - sie weint - er gibt ihr Zuwendung
Hilfestellung:
u Einzelgespräche
u Ziele vereinbaren
u Vertrag ausmachen, wer sich nicht an den Vertrag hält, muß z.B. einen Tag den Haushalt selbst machen. Z.B. Sie erlaubt ihm, sich zurückzuziehen
u Erkennen der Wesensart des anderen, Einsicht gewinnen, warum der andere anders handelt; der andere handelt nicht aus Bosheit so, sondern weil Gott ihn so geschaffen hat.
u Zuhören lernen; erst nach Bestätigung darf der andere reden.
u Unrecht erkennen (z.B. schlechtes Reden in der Gemeinde über den anderen)
u Freiräume zulassen wegen der Verschiedenartigkeit
u Zukunftsperspektiven
× Gefangene, am Beispiel von Zwangsgedanken
Hilfestellung:
u Trösten, zu erkennen geben, daß jemand sie versteht
u Gedankenstopp
u Grübelgedanken ersetzen durch neue Gedanken (z.B. Bibelvers, Sprichwort, Liedvers)
u Erkenntnis, daß sie sich Gedanken zum Thema Partnerschaft machen darf
u Evtl. bewußt mit dem Problem konfrontieren: z.B. auf eine Freizeit anmelden und auch die Absicht haben, daß sich 10 Männer in sie verlieben.
u Sich annehmen: Ich habe einen Wert, auch für mich alleine
× Gebundene, am Beispiel von okkult Belasteten:
u okkulte Belastungen sind weitaus seltener, als angenommen wird
u Kennzeichen einer okkulten Belastung:
u wissentlich und willentlich mit den Mächten der Finsternis eingelassen
u zeigt außergewöhnliche Widerstände gegen göttliche Einflüsse
u es treten übernatürliche Kenntnisse und außerbiblische Wahrsagungen, insbesondere über Gott, Jesus und die Bibel auf
u häufig lehnt ein okkult Belasteter die Hilfe rundweg ab
Hilfestellungen:
u Beichte
u muß diesen Mächten wissentlich und willentlich entsagen
u wenn der Belastete dies nicht selbst kann, jemanden hinzuziehen, um über dem Betroffenen zu beten
u Lossagegebet
u erkennen, daß der Belastete als Mensch gefragt ist, Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen; er darf sie nicht auf Gott oder Satan abschieben.
× Trauernde, am Beispiel eines Todesfalls
u Trost, keine falschen Bibelworte (z.B. Röm. 8,28), stattdessen z.B. Ich darf traurig sein: "Ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden." (Joh. 16,20)
u darf ihren Verlust - auch vor Gott - beklagen und im Gebet ihre Gefühle äußern
u kennenlernen, wie andere sie wahrnehmen (bitter, verbohrt, fordernd); sah sich als traurig, hilflos
u Durch ihr Selbstmitleid hat sie die Zuwendung erzwungen
u Lernen, wie sie ihr Leben mit Gott gestalten kann
u Lernen, Auto zu fahren
u Nach vorne schauen (Soll ich einen Witwer heiraten oder soll ich mein Leben alleine gestalten?)
Wichtig ist, daß wir die Freiheit haben dürfen, einem Menschen zu sagen, wenn wir uns überfordert fühlen. Wir müssen nicht meinen, daß wir jedem Menschen helfen können müßten, nur weil wir Christ sind. Wichtig ist es jedoch, den Menschen an eine kompetente Stelle weiterzuvermitteln und ihn nicht nur abzuweisen.